cf: die Cafeteria
Langsam ging ich den Weg entlang, während der Wind in den Bäumen rauschte. Vogelgezwitscher war kaum zu hören, es schien, als würde der komplette Wald nur auf den Showdown warten, der nun folgen würde.
Schließlich blieb ich auf einer Lichtung stehen, die perfekt war für einen Kampf zwischen zwei wilden Tieren. Der Boden war mit abgefallenem Laub bedeckt, hier und da wuchs auch etwas Gras. Um mich herum waren nur große Eichen, die den Rest des Waldes regelrecht von mir abschottete. Doch der Wind pfiff noch immer durch die Äste hindurch und zauberte mir eine unangenehme Gänsehaut auf meine entblößten Körperteile. Aber eine wirkliche Kälte spürte ich nicht. Ich fühlte gar nichts, nur die Entschlossenheit, Darkside zur Vernunft zu bringen und für Sydenias Sicherheit zu sorgen.
Meine Gedanken brachen abrupt ab, als ich ein Rascheln vor mir hörte. Sofort ging ich in die Hocke und stützte mich mit den Händen auf dem Boden ab. Verwandeln würde ich mich erst, wenn es nötig war. Gespannt sah ich auf den Fleck, woher das Geräusch gekommen war und hielt die Luft an. Schon tauchte Darkside mit seinem schwarzen Pelz aus dem Dickicht auf und fixierte mich mit seinen blauen Augen. Sein Maul war zu einem lautlosen Knurren verzogen, während sich sein Fell langsam aufstellte. “Du weißt, dass ich nicht gegen dich kämpfen will, Darkside. Du bist mein Freund, mein Seelengefährte, seit ich dich gefunden habe. Niemand – nicht einmal Sydenia – wird dich ersetzen können. Ich liebe sie, ja, aber sie kennt nur den starken, mutigen Felix. Du aber weißt, dass ich auch anders sein kann, verletzt, mutlos, zerrissen. Du kennst meine Vergangenheit, also glaub nicht, dass ich dich so leicht ersetzen würde!“, versuchte ich, den schwarzen Wolf allein mit Worten zu besänftigen. Ich wusste, dass er den Sinn verstehen würde, aber ob er es glaubte, konnte ich nicht sagen. Seine Augen verrieten nichts, während er einfach dastand und mich eine Weile anblickte.
Dann flackerte etwas in seinem Blick und sein Knurren wurde lauter. Darin erkannte ich, dass er mir natürlich nicht glaubte. Fast schon enttäuscht seufzte ich und senkte den Kopf leicht. “Gut, wenn du kämpfen willst, geb ich dir einen Kampf. Doch ich werde nicht aufgeben, das verspreche ich dir. Entweder akzeptierst du Sydenia oder du und ich trennen uns…“, flüsterte ich schon fast und verwandelte mich im nächsten Augenblick in einen stämmigen, großgewachsenen Wolf. Meine Augen schimmerten klar im Sonnenlicht, doch waren sie dunkler als sonst. Es tat mir jetzt schon weh, meinen Freund verletzten zu müssen, aber wer nicht hören wollte, musste fühlen. ’Verräter!’, konnte ich in Darksides Augen lesen, ehe er mit einem lauten Heulen auf mich zu raste. Geschickt wich ich ihm aus und duckte mich unter seinem Prankenhieb hinweg. Er war stark, ja, aber er dachte nicht nach, was er tat, sondern ließ sich nur von seiner Wut leiten. Da war ich ihm gegenüber im Vorteil. Meine Beweggründe waren die Liebe zu Sydenia und der Drang, sie zu beschützen. Diese Gefühle konnte ich kontrollieren, wenn auch nur schwer. Aber es reichte, um mir einen kühlen Kopf zu bewahren. Mit aufgerissenem Maul stürzte ich mich nun meinerseits auf Darkside, der gerade wieder sein Gleichgewicht erlangte und biss ihm direkt in die Vorderpfote. Er heulte schmerzhaft auf, während sich in meinem Mund der metallische Geschmack von Blut ausbreitete. Ich unterdrückte den Würgereiz und hielt seine Pranke fest, bis er auf einen Gegenangriff überging. Doch ich hatte seine Körpersprache lange genug studieren können, um den Angriff rechtzeitig voraus zu sehen. Schnell ließ ich seine Pfote los und wich zurück, während ich am Ohr noch den heißen Atem von ihm spürte. Fast hatte er mich erwischt, doch ich war schneller gewesen. Frustriert jaulte er und setzte mir hinterher, schnappte immer wieder nach mir, verfehlte jedoch jedes Mal. Fast schon tänzelnd wich ich ihm aus, in der Hoffnung, dass er einfach müde werden würde und ich ihn ohne weitere Verletzungen besiegen konnte. Seine Pfote blutete stark, jedoch schien er den Schmerz zu ignorieren.
Eine Weile kämpfen wir so hin und her, nahmen dabei den gesamten Platz der Lichtung ein und wühlten die Erde mit unseren Pfoten auf. Darkside schien – zu meinem Ärger – nicht müde zu werden. Also musste ich es doch auf die unangenehme Tour machen. Nach seinem letzten Versuch, mich zu beißen, ging ich nun wieder in die Offensive und stürzte mich mit meinem ganzen Gewicht auf ihn. Jaulend ging er zu Boden, blieb aber zur meiner Verwunderung auch auf dem Rücken liegen. Wie ein Mensch streckte er seine Pfoten zur Seite, sodass ich freien Blick auf seinen Unterkörper hatte.
Und da realisierte ich es erst.
Darkside war kein Rüde, sie war eine Fähe!
All die Jahre lang hatte ich geglaubt, Darkside wäre ein Er und jetzt erkannte ich an ihrem Unterköper, dass sie ein Mädchen war! Wie hatte ich nur so blöd sein können?! Jetzt ergab auch der Rest einen Sinn. Sie hatte sich in mich – oder besser gesagt in meine Wolfsgestalt verliebt und war jetzt eifersüchtig auf Sydenia, weil Darkside mich haben wollte! Das konnte ich auch jetzt in ihrem Blick ablesen, während sie zu weinen schien. Ihre Augen schimmerten feucht, und eilig wandte sich den Kopf ab. Völlig entrüstet starrte ich Darkside an und spürte, wie ich unter meinem Fell errötete. Langsam rappelte sich die Wölfin auf und sah mich dann von unten heran mit traurigem Blick an. In diesem Moment verflog all die Wut auf sie und machte dem Mitleid und der alten Verbundenheit Platz. Sie tat mir Leid, schließlich hatte ich ihr ja das Herz gebrochen. Ich war so ein Idiot gewesen! Vorsichtig näherte ich mich der schwarzen Fähe und berührte sie dann so sanft wie nur möglich mit meiner Schnauze an ihrer. Ein angenehmes Prickeln durchfuhr mein Fell, während ich einfach so dastand und die Wärme von Darkside genoss. Sie schmiegte sich sanft an mich und schloss die Augen. Das war es, was sie wollte. Sie wollte einfach mit dem Wolf in mir zusammen sein. Aber konnte ich das? Konnte ich als Mensch mit Sydenia zusammen sein und als Wolf mit Darkside? Sydenia liebte schließlich auch den Wolf in mir, doch ich wollte meine Wölfin auch nicht verlieren! Jetzt war ich erst Recht in einer Zwickmühle.
Schließlich verwandelte ich mich zurück in einen Menschen, hielt Darkside jedoch noch immer regelrecht im Arm. Erst jetzt fiel mir ihre weibliche Gestalt auf, ihre sanft dreinblickenden Augen, ihre schlanke Statur. Konnte ich wirklich so blind sein? Ich seufzte leise und strich ihr durch das schwarze Fell. “Darkside…nein, das ist kein Name für dich…ab sofort nenne ich dich Melody…, murmelte ich und lachte etwas trocken. Aber Darkside war für einen männlichen Wolf gedacht, und außerdem passte er nun nicht mehr zu Melody. “Es tut mir Leid, dass ich so blind war. Aber jetzt…ich liebe Sydenia, doch in meinem Herzen ist auch Platz für dich. Der Mensch gehört Sydenia, doch der Wolf in mir gehört zu dir…, sagte ich leise. Ich wusste jedoch nicht, ob es der Wahrheit entsprach, ob ich wirklich zwei Wesen gleichzeitig lieben konnte. Aber ich wollte es versuchen, für Melody!
OUT: lustige Wendung meiner Meinung nach :3