am Wasserfall

Ich stimmte ihm nachdenklich nickend zu. Dann herrschte Stille. Ein Seeadler hatte sich beinahe lautlos in unserer Nähe niedergelassen. Dann begann er vom Ball zu sprechen. Ich grinste. "Tja, ich weiß auch nicht. Ich freu mich irgentwie überhaupt nicht so drauf." Kurz seufzte ich, wobei ich aufhörte zu grinsen. "Die Partnerpflicht bringt mich sowieso aus dem Konzept. Ich hasse es allein aufkreuzen zu müssen." Ich verdrehte die Augen und steckte meine Arme hinter meinen Kopf. "Naja, ich hoffe mein zugeteilter Partner ist kein Schwachkopf.", fügte ich noch hinzu und schnalzte dabei mit der Zunge. Bin ja mal schon gespannt auf den..., dachte ich mir dabei und überlegte wer 'der Glückliche', denn aller sein konnte. Die meisten Jungs hatten ja schon eine Begleitung.

Er drehte bei ihrem kleinen Ausbruch den Kopf, so das er sie jetzt an sah. "Kann ich verstehen, ich habe zwar eine Partnerin, aber das das gleich zu einer Pflichtveranstaltung wird ... das musste echt nicht sein.", er drehte den Kopf wieder zurück. "Ich hoffe wir dürfen wenigstens ein wenig früher gehen, wenn nicht geb ich mir bestimmt irgendwann die Kante, was schwierig wird auf nem Schulfest. Oder ich such mir nen hübsches Mädel, was sich abschleppen lässt.", sagte er ohne dabei eine Mine zu verziehen. Die Mädels hier waren alle irgendwie nicht so sein Fall, entweder sie waren zu prüde oder sie waren total die Zicken, nur wenige fielen aus diesen Gruppen raus. Cash seufzte leicht, manchmal fehlte Sally ihm wirklich, mit ihr konnte er sich immer gut ablenken ohne, das etwas Ernstes daraus wurde.

"Tja, aber was will man den schon dagegen machen...", sagte ich zu sein Kommentar zu der Partnerpflicht. Ich sah jetzt zu ihm und musterte ihn von der Seite. Bei seiner Bemerkung, dass er sich sonst ein hübsches Mädchen suchen würde, was sich abschleppen ließe, verzog ich keine Mine, wie es wohl die meisten Mädchen gemacht hätten. Ich war weder zimperlich noch prüde und außerdem war es seine Sache.
"Da wirst du aber ein bisschen schwer eine finden. Die meisten sind totale Oberzicken und der Rest... naja, zu dem Rest sag ich jetzt einmal nichts.", bemerkte ich dazu und wandte meinen Blick wieder zum Himmel. Langsam wurde es schon ein wenig kühl, aber das störte mich nicht, denn ich war noch nie empfindlich gewesen.

Sie hatte recht was Cashs Laune nicht gerade verbesserte. "Ich weiß.", sagte er zu ihrem Kommentar. "Manchmal vermisse ich mein Zuhause, meine Familie und meine Freunde.", gestand er ihr. Er hätte ich jetzt am liebsten in einen Vogel verwandelt und wäre davon geflogen, aber seine Mutter würde ihn einfach wieder zurück schicken. "Wie sieht es mit dir aus ... möchtest du auch gerne nach Hause?", fragte er sie neugierig. In dem Moment vibrierte sein Handy:

Hey Man,
komm schnell wieder her
Bräute aufreißen ist
ohne dich echt langweilig.
Dave

Cash grinste als er die Nachricht gelesen hatte. "Mein Kumpel, mit ihm war immer was los, ich hoffe ich komm hier bald weg.", erklärte er und sein Blick wurde wieder sehnsüchtig.

Zwei oder auch drei Tränen sammelten sich in meinen Augen und ich biss mir fest auf die Unterlippe. Ich setzte mich rasch auf, denn ich wollte nicht vor ihm weinen. "Ich..." Ich brach ab. "Nein, ich habe kein Zuhause, ich... ich kann nicht nach Hause und..." Ich spührte, dass meine Lippe bald bluten würde, ließ aber nicht locker.
"Ich habe keine Mutter, kein Zuhause und mein Erzeuger... den möchte ich am Liebsten ganz schnell vergessen.", brachte ich dann schließlich heraus. Ich spürte wie eine Träne über meine Wange rann und ich wischte sie rasch mit dem Ärmel weg, doch leider war schon die Nächste auf ihrem Weg nach unten. Bloß nicht weinen!, dachte ich, aber es war bereits zu spät.

Er erschrak leicht, als Samiya anfing zu weinen. Da habe ich wohl einen wunden Punkt getroffen. Er rückt näher an sie heran und nahm sie einfach so in die Arme. Während er einen Arm um sie legte strich er vorsichtig mit der anderen durch ihre Haare. "Hey schon ok, Tränen sollte man nicht zurück halten, das macht nur noch schlechtere Laune.", sagte er mit dem zweck sie auf zu muntern. Cash hielt das weinende Mädchen in seinen Armen und versuchte ihr ein wenig Trost zu spenden. Er redete nicht weiter über ihre Familie, sie würde es ihm schon erzählen wenn sie es wollte.

Ich schenkte ihm ein kurzen, etwas misslungenes und auch nasses Lächeln. In seinen Armen fühlte ich mich einfach etwas besser, vor allem, da sie mir, so unlogisch das auch war, Schutz zu bieten schienen. Nachdem die schlimmste Phase, wobei es diesmal nicht zu schlimm geworden war, des Tränenausbruchs vorüber war lehnte ich mich leicht gegen seine Schulter. Ich wischte mir noch einmal mit dem Ärmel über meine Augen, ehe ich schluckte. Verdammt!, schoss es mir durch den Kopf. "Tschuldigung, ich hoffe du bist nicht... nicht nass geworden.", sagte ich verlegen.
"Ich wollte eigentlich nicht mehr weinen, aber naja, du hast mich eben auf meinen einzigen Wunden Punkt getroffen: Die Frage, ob ich gern nach Hause will.", erklärte ich und hoffte, er würde es verstehen oder es wenigstens verstehen versuchen. Soll ich ihm vielleicht... alles erzählen? Gut, ich habe mit ihm über meine Probleme geredet, aber... soll ich wirklich noch mehr erzählen? Inzwischen hatte ich aufgehört auf meine Unterlippe zu beißen, aber sie war rot, denn man konnte das Blut deutlich darunter erkennen. Insgeheim war ich froh, dass ich mich, wie eigentlich immer, nicht geschminkt hatte.

Sie hatte sich ein wenig beruhig und kuschelte sich nun an Cash. "Nass bin ich eh schon.", sagte er grinsend. "Du weißt schon Schnee plus wärme gleich Wasser, deswegen mein Rücken ist schon nass da macht meine Schulter auch nichts mehr.", er lächelte sie an. Ihre Unterlippe war ganz rot, weil sie die ganze Zeit darauf gebissen hatte. Cash fuhr mit einem Daumen darüber. "Tut mir leid, das ich dich darauf angesprochen habe ich werde jetzt mal meine Klappe halten und das Wetter genießen. Aber wenn du mal jemanden brauchst um darüber zu reden, ich bin wie gesagt ein guter Zuhörer.", seine Stimme klang tief und beruhigend. Er streichelte wieder durch ihre Haar, er liebte lange Haar und konnte einfach nicht die Finger davon lassen.

Out: Man bin ich mal wieder kreativ :/

OUT: Das ist halt manchmal so. Du musst dir nicht extra was 'herauspressen' ist völlig okay ^^

Ich lächelte ihn von unten auf an. "Ja, ja ich weiß. Aber trotzdem.", sagte ich noch. Als er mit seinem Daumen über meine Unterlippe fuhr, erschrak ich leicht. Man sieht es bestimmt total..., dachte ich verlegen. Ich musterte seine Seite. "Du musst dich nicht entschuldigen, du hättest es ja nicht wissen können...", meinte ich zu ihm, "Außerdem weiß ich auch nie genau, wie ich darauf reagiere. Manchmal ist es ganz leicht darüber zu reden und manchmal..." Ich schluckte. "...manchmal eben nicht." Ich lächelte, halb verlegen und halb entschuldigent.

Out: so jetzt erst mal ein wenig Ablenkung

"Mir geht das mit dem drüber reden auch so, bin adoptiert musst du wissen und ich versuche schon ewig meine Familie zu finden. Die von meiner Mutter habe ich vor ungefähr zwei Jahren gefunden, aber meine Oma will mir nicht sagen wer mein Vater war, sie sagt es sei zu gefährlich, sein Bruder ist wohl nen Psycho und hat meine Eltern umgebracht.", erzählte er ihr und klang ein wenig traurig. "Na ja aber egal ich werde den anderen Teil meiner Familie schon finden.", sagte er zuversichtlich und lächelte wieder.

Ich legte ihm tröstend eine Hand auf seinen Arm. "Das wirst du.... aber, glaubst du auch, dass es gut für dich wäre?", fragte ich ihn und musterte ihn dabei. Ich glaube nicht... Ich entschloss mich ihm von mir zu erzählen. "Ich, ähm... meine Mutter ist bei meiner Geburt gestorben und mein Vater gab mir die Schuld." Ich schluckte den Kloß im Hals hinunter. "Genauergesagt gab er mir die Schuld für alles. Er schlug mich auch oder sperrte mich aus." Mein Blick war eine Mischung aus Verlegenheit und Trauer. "Ich weiß wie es ist, wenn man einen Teil der Familie... vermisst. Ich vermisse meine Mutter ja auch, auch wenn ich sie nicht kannte."

Als sie ihn fragte ob er seine Familie wirklich finden wolle lächelte er leicht. "Ja ich glaub ich muss sie finden, es ist im Moment so etwas wie meine Lebensaufgabe.", erklärte er ihr. Als sie dann begann ihre Geschichte zu erzählen war er geschockt. "Er hat was... ?", Cash blieb der Mund offen stehen. Er wusste zwar, dass manche Menschen echt grausam waren, aber das übertraf so gut wie alles, was er bis jetzt gehört hatte. Die eigene Tochter so zu behandeln... Solche Typen sollte man einsperren... Wenn er jemals Kinder haben sollte, dann würde er ein liebender Vater sein. "Ok jetzt kann ich verstehen, warum du nicht gerne von deinem Zuhause sprichst, wenn man das so nennen kann.", sagte er mitfühlend. "Weißt du was, wenn du es da gar nicht mehr aus hältst kommst du einfach mal bei mir Zuhause vorbei, ich hab immer ein Gästezimmer frei und es wird dir dort bestimmt gefallen.", er lächelte sie aufmunternd an. Dann kramte er sein Handy aus der Hosentasche und zeigte ihr ein Foto. "Da wohne ich.", sagte er und zeige ihr das Bild von der abgeschiedenen Bucht, in der sein Haus stand. "Und wenn ich mal nicht da bin hat meine Mutter noch einen Schlüssen und einer klebt unter der untersten Treppenstufe, wenn du mal vorbei kommen willst.", erzählte er ihr. Cash liebte sein Haus, es war ein wirklich friedlicher Ort, nicht so leicht zu finden und so hatte mal dort immer seine Ruhe. "Wollen wir nicht mal rein gehen, ich hätte jetzt irgendwie Lust auf eine Heiße Schokolade.", schlug er vor, denn so langsam waren seine dünnen Klamotten wirklich durchnässt.

Ich hörte ihm zu, als er mir von seinem Zuhause erzählte. Es tat fast schon weh, denn er schien eine wunderschöne Kindheit gehabt zu haben. Als er mir das Foto zeigte, lächelte ich ihm leicht zustimmend zu, denn er schien geradezu begeistert zu sein. Als er mir vorschlug, ich könnte ja mal vorbeikommen, lächelte ich leicht traurig. Es war ein wunderschönes Angebot. "Danke, aber du bist viel zu nett zu mir.", sagte ich zu ihm. Ich wollte sein wirklich sehr großzügiges Angebot nicht ablehnen, aber ich wusste, dass ich so etwas einfach nicht annehmen konnte. Ich konnte auch sehr schrecklich sein, aber das wusste er nicht. Gaia sei Dank wusste er es nicht, denn sonst hätte er mit mir vielleicht gar nicht geredet.
"Klar, ich hätte auch Lust auf eine heiße Schokolade.", meitne ich lächelnt zu seinem Vorschlag jetzt hineinzugehen. Ich war wirklich froh, dass er hier gewesen war, als ich hergekommen war, denn es war immer erfrischend einen schönen Nachmittag mit jemanden den man mag zu verbringen.

Cash lächelte als sie seinen Vorschlag mit der heißen Schokolade annahm. "Ok am besten wir gehen in die Cafeteria, da ist es schön warm.", er stand auf und zog sie einfach mit hoch. Er nahm sie bei der Hand und ging mit ihr in Richtung des Schulgebäudes. "Es ist schön sich mal wieder mit jemandem zu unterhalten...", setze er das Gespräch fort.

-->die Cafeteria

Ich musste leicht grinsen, als er mich einfach hochzog und bei der Hand nahm. "Allerdings.", stimmte ich ihm zu. Auch wenn mir nicht kalt war freute ich mich schon auf drinnen, denn meine Sachen waren etwas durchnässt.

--> Cafeteria

(Sprung)

Ich spazierte durch die schöne Landschaft von Palestra. Schon in den ersten Momenten, nachdem ich hier angekommen war, hatte mich diese unberührte Natur gefangen genommen in ihrer Schönheit und Einzigartigkeit.
So oft war ich nun schon hier gewesen und dennoch blieb ich staunend beim Anblick der Wassermassen stehen, die vor mir herunterfielen und mich mit eisigen Tropfen besprenkelten.
Meine Gedanken kreisten um Luca. Er kostete mich Kraft, aber mich von ihm trennen kam nicht in Frage. Doch sowohl meine Noten, als auch meine Nerven litten stark. Chris hatte ein armes Mädchen an der Angel. Eigentlich hatte ich Sana nett gefunden, doch jetzt ertrug ich es nicht sie auch nur zu sehen. Chris würde sie, nachdem er genug hatte, wie ein schmutziges Stück Stoff wegwerfen, was ausrangiert wird. Doch ich würde mich hüten etwas zu sagen. Luca zu Liebe. Meinem Herzen zu Liebe. Und - vor allem - Chris zu Liebe.
Eine stille, kalte Träne lief meine Wange hinunter und gefror halb. Meine Hände - tief vergraben in den Taschen meines Wintermantels - ballten sich zu Fäusten. Nicht weinen, Juli.

cf: die Lounge

Mit hastigen Schritten verließ ich das Schulgelände und fand mich schneller als ich gedacht hatte beim Wasserfall wieder. Nach und nach verlangsamte ich meine Schritte, bis ich regelrecht dahin schlurfte, die Hände tief in den Hosentaschen vergraben. Der Schnee blieb in meinen Haaren haften und brachte es dadurch langsam zum Glitzern, doch er störte mich kaum. Ich spürte auch nicht wirklich die Kälte, zu sehr hing ich in Gedanken Juli, Sana, Faith und noch mehr Mädchen nach. Doch am meisten dachte ich an Juli. "Ich hab ihr das Herz gebrochen und tu es noch immer, wenn sie mich mit anderen sieht...", murmelte ich vor mich hin, während ich weiterging.
Aprubt blieb ich stehen, als ich vor mir eine Gestalt sah. Ich blinzelte, um meine Sicht klarer zu machen, bis ich erkannte, wer es war. "Juli...", sagte ich erstaunt und biss mir dann auf die Unterlippe. Gerade jetzt musste ich natürlich ihr begegnen.

bitte nicht abhauen T____T

Ich hörte eine Stimme, doch ignorierte sie einfach. Immer mal kamen Leute vorbei. Sie liefen an einem vorbei und beachteten einen nicht, nickten einem vielleicht zu oder sagten 'hey', aber mehr nicht.
Daher zuckte ich merklich zusammen, als ich meinen Namen hörte. Die Stimme war lauter, also näher gekommen. Und sie war samtig, unverwechselbar und ich würde sie aus tausenden anderen heraus hören. Es war Chris. Ich wischte mir die Tränen ab und drehte mich zu ihm um. Ich sah nichts, außer seinen Augen und fühlte nichts mehr. Der Schmerz, den ich sonst fühlte, war weg, aber glücklich war ich nicht. Vorsichtig. "Chris." antwortete ich so gleichgültig, wie ich konnte. Doch meine Stimme rutschte ab und begann zu schwanken. Ich kniff die Lippen zusammen und senkte den Blick. Bist du gekommen um mich runter zu machen? Wie immer, vor deinen Freundinnen? fragte ich mich leise und versuchte mit aller Macht die Tränen zurück zu halten, die sich bildeten. Wenn ja, mach es schnell. Ich ertrage deine Gegenwart nicht. Dein Körper, dein Geruch, dein Blick... Alles zieht mich an. So sehr. Es macht alles nur so viel schlimmer.

Als sich Juli umdrehte, zuckte ich unmerklich zusammen. Sie sah müde aus und ihre Augen glänzten leicht und waren gerötet, also hatte sie wohl geweint oder war zumindest dabei gewesen, zu weinen zu beginnen. Wegen mir..., dachte ich und biss mir erneut auf die Unterlippe. Plötzlich kamen meine Schuldgefühle hoch, die ich so sorgfältig versteckt hatte. Wie sie dann meinen Namen aussprach, machte es das alles nur noch schlimmer. Sie versuchte, gleichgültig zu klingen, doch ihre Stimme rutschte ab. Ich hab ein seelisches Wrack aus ihr gemacht, erkannte ich und spürte, wie mir fast schon schlecht wurde. Ich ballte die Hände zu Fäusten und wandte kurz den Blick ab.
Langsam ging ich dann auf sie zu und blieb kurz vor ihr stehen, sodass mir der süße Duft ihres Haares in die Nase wehte. Gott, wie hatte ich diesen Duft vermisst! Jetzt wurde mir erst klar, dass ich alles an Juli vermisst hatte. Ihre sanften, weichen Lippen, ihre makellose Haut, das weiche, duftende Haar, ihren schlanken Körper, einfach alles. Und ich hatte das alles aufgegeben. Weil ich nicht mit der Tatsache klar kam, dass ich Vater war. Was war ich nur für ein Egoist?
"Juli...es tut mir so leid", flüsterte ich und strich ihr dabei eine Haarsträhne aus dem Gesicht, wie ich es so oft getan hatte. Und dann - aus einem Reflex heraus - nahm ich sie einfach in die Arme. Ich presste sie eng an mich und vergrub das Gesicht in ihrem braunen Haar. Es war anders als jede andere Umarmung. Nicht einmal bei Sana fühlte ich dieses Kribbeln im Bauch. Juli gehörte zu mir. Und nur zu mir. Ich war so dumm...

Wie er sich auf die Lippe biss... Er fühlte sich wegen irgendetwas schuldig. Wahrscheinlich, weil er hier ist, statt bei Sana. dachte ich und der Gedanke hatte einen bitteren Geschmack. Gebannt starrte ich auf seine Lippen. Er sollte aufhören damit, es sah viel zu sexy aus. Bitte, hör auf damit. bat ich ihn stumm.
Chris ging auf mich zu. Jetzt. Ich schloss die Augen und bereitete mich auf einen Schwall gemeiner Worte vor. Doch als Chris vor mir stehen blieb, war es noch immer leise. Ich öffnete die Augen wieder und erschrak. Seine Hand war ganz dicht an meinem Gesicht und strich mir eine Haarsträhne weg. Ich versteifte, wollte nur noch weg, konnte mich aber nicht von ihm lösen. Seine Berührung tat gut, auch wenn sie nachher, wenn er wieder weg war, eine nur noch größere Wunde hinterlassen würde. "Juli...es tut mir so leid" - Hörte ich richtig? "Nein." wisperte ich tonlos.
Ich wurde eng an Chris gepresst und sein Duft, seine Körperwärme, alles umgab mich plötzlich. "Nein." wiederholte ich, während die Tränen meine Wangen hinunter liefen und seine Sachen durchnässten.
Mein Herz klopfte wie wild, als würde es Chris Willkommen heißen und meine Gedanken waren wie in Watte gehüllt. Chris! schrie auch mein Kopf, doch ich musste mich durchsetzen.
Ich drückte mit meinen Händen gegen seinen Oberkörper und versuchte mich aus der Umarmung zu befreien. "Chris." brachte ich mühsam seinen Namen raus. "Lass... mich los." Es tat so weh diese Worte zu sprechen, aber im Nachhinein würde jede Sekunde in seinen Armen den Schmerz ins Unendliche steigern.

Ich hielt Juli einfach im Arm, wollte sie spüren und nie wieder loslassen. Mein Herz sehnte sich nach ihr, nach ihrer sanften Art, ihrer wohlklingenden Stimme, ihrem süßen Lachen. Sie liebte ich mit all ihren Makeln, bei ihr war mir alles egal. Solange sie nur bei mir war. Auch die Tatsache, dass es Luca gab, kam mir in diesem Moment nichtig vor.
Dann jedoch stemmte sie ihre Hände gegen meine Brust und bat mich, sie loszulassen. Diese abweisende Geste ließ mich erstarren und meinen Griff erschlaffen. Meine Arme fielen regelrecht herunter und ich senkte den Blick. "Juli...bitte..." Meine Stimme war kaum zu hören, aber unverkennbar von Schmerz durchsetzt. Ich wollte sie zurück, verdammt nochmal, und ich würde um sie kämpfen. Aber offensichtlich...wollte sie mich nicht mehr.

Sobald er mich losließ, stolperte ich zwei Schritte zurück und sank auf den kalten, gefrorenen und schneebedeckten Boden. Alles in mir wehrte sich dagegen, doch es war das Beste um weiterzuleben. Und das musste ich. Für Luca.
Chris schmerzvolle Stimme ließ mich zu ihm aufsehen. Ich hob meine Hand, wollte sie ihm entgegen strecken, doch ließ ich sie wieder in meinen Schoß sinken. "Du hast uns verraten." antwortete ich bitter und senkte den Blick wieder. Ich konnte ihm nicht in die Augen sehen. Dann wäre alles verloren. Wenn er mich zwingt ihm in die Augen zu sehen... dachte ich angstvoll.

Ich sah Juli mit matten Augen dabei zu, wie sie zurückstolperte und sich auf den kalten Boden fallen ließ. Den Sinn dahinter verstand ich nicht, doch es war mir auch egal. Offensichtlich war ihr meine Umarmung zuwider gewesen.
Als sie dann aussprach, was sie dachte, versteifte sich mein ganzer Körper. Ich presste die Lippen aufeinander und schloss die Augen, während ich versuchte, die aufkommenden Gefühle nicht nach außen dringen zu lassen. "Juli...ich weiß...und ich wünschte, ich könnte es rückgängig machen", sagte ich leise und hob den Blick wieder, um sie anzusehen, auch wenn sie wegsah. "Aber ich kann es nicht. Ich habe dadurch alles zwischen uns zerstört. Doch unsere Liebe...ist immer noch da, das weißt du. Du kennst mich doch...", setzte ich hinzu und ballte erneut die Hände zu Fäusten. "Ich liebe dich, Juli, und ich werde um dich kämpfen. Um dich und um Luca. Das schwöre ich dir", erklärte ich dann mit fester Stimme und wandte mich ab, damit sie nachdenken konnte.

Seine Worte... Sie klangen wundervoll und versprachen alles gut werden zu lassen. Ich rappelte mich vom Boden auf. Ich sah ihn einen Moment an, schluckte fest und schüttelte den Kopf. "Versprich niemals etwas, was du nicht halten kannst." flüsterte ich leise und tippte ihm sacht mit dem Zeigefinger auf die Lippen.
"Unsere Liebe..." Traurig wiederholte ich die Worte. Dann drehte ich mich um und lief, rannte beinahe, zurück zur Schule. Zu Luca.
Erneut liefen mir Tränen über die Wangen und ich zitterte am ganzen Körper. Sein Liebesgeständnis, sei es auch gelogen, hatte mich erschüttert. Bis in die Wurzeln.

--> geht weiter in: Julis Zimmer

Ich erstarrte, als Juli den Kopf schüttelte, und ihre nächsten Worte waren wie kleine Eissplitter, die sich in mein Herz bohrten. Ehe ich etwas erwidern konnte, verschwand sie auch schon und ließ mich in dem Chaos meines Lebens allein. Wütend ballte ich die Hände zu Fäusten, bis die Knöchel weiß hervortraten. "Ich werde mein Versprechen halten, Juli, darauf kannst du dich verlassen", flüsterte ich fast lautlos und wandte mich ab. Energischen Schrittes verließ ich den Ort und verfluchte mein ganzes Verhalten.

tbc: die Lounge